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Dr. Holger Brohm: Blicke des Schlafes

Foto: HB

Dr. Holger Brohm, Berlin

Ästhetische Reflexionen von Schlaf und Schlaflosigkeit haben Konjunktur. Autor:innen, Filmemacher:innen und Künstler:innen thematisieren dabei nicht nur ein anthropologisches Grundbedürfnis, sie reagieren ebenso auf die sich zunehmend verdichtenden biopolitischen Ansprüche einer 24/7-Gesellschaft, in der eine „Zeit der Gleichgültigkeit“ herrscht, „der gegenüber die Fragilität menschlichen Lebens zunehmend inadäquat wird“ (J. Crary). Die künstlerischen Versuche, den Schlaf gegen jegliche Vereinnahmung als ökonomische Ressource als unverfügbares Refugium menschlicher Existenz zu verteidigen, schließen die Erkundung dieser der eigenen Wahrnehmung lediglich durch den Filter des Traums zugänglichen Erfahrung ein. Damit rücken Fragen nach den unterschiedlichen Modalitäten des Schlafs in den Blickpunkt: Wie kreuzen sich im Schlaf das Individuelle und das Soziale, das Private und das Öffentliche? Im Zentrum der Befragung steht der verletzliche Körper der Schlafenden, der in den unterschiedlichen Bildmedien erkundet wird.
Die im Vortrag von Dr. Holger Brohm vorgestellten und diskutierten Foto- und Video-Arbeiten von Lili Dujourie, Sophie Calle und Doug Aitken u.a. zeigen die vielfältigen künstlerischen Annäherungsformen an das Phänomen Schlaf auf und öffnen den Blick auf das in den Bildern aufscheinende ästhetische Wissen vom Schlaf. Wenn es einen betrachtenden Blick auf den schlafenden Körper gibt, welcher Blick begegnet uns im Gegenzug aus den geschlossen-geöffneten Augen der Schlafenden?

Holger Brohm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin und dort im Bereich der kulturwissenschaftlichen Ästhetik tätig. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Lektoratsmitarbeiter im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar studierte er Kulturwissenschaft und Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin und wurde 1999 mit einer Arbeit zur Literaturzensur in der DDR promoviert. Holger Brohm forscht und lehrt seit längerem zur Kultur- und Wissensgeschichte des Schlafes und des Traums und interessiert sich insbesondere für die ästhetischen Dimensionen dieser Körpertechniken. Eine umfangreichere Publikation, in der die aktuellen biopolitischen Auseinandersetzungen um die Ressource Schlaf kritisch beleuchtet werden, befindet sich derzeit in Vorbereitung. Holger Brohm ist Mitglied im DFG-Netzwerk „Anderes Wissen“ und gehört der Redaktion der Zeitschrift ilinx. Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft an.

Dienstag, 29. November 2022, 19:00

Vortragssaal, Vordergebäude,  Reinhold-Frank-Str 81, EG

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