Historie

Die Geschichte der Staatlichen Akademie für Bildende Künste Karlsruhe beginnt in Düsseldorf. Dort war im Jahr 1819 eine Königlich-Preußische Kunstakademie ins Leben gerufen worden, um das Rheinland, das seit dem Ende Napoleons unter der Berliner Knute lag, zu befrieden und die Künstler, die gerne ihre politischen Händel trieben, ruhig zu stellen - es waren damals ausschließlich Männer zugelassen, man begründete das mit eventuellen Peinlichkeiten im Aktsaal. Das künstlerische Programm in Düsseldorf entstammte jener Gruppe von ihrerseits einst aufrührerischen Frühmodernen, die als Nazarener bekannt und mit ihren Heiligenbildern mittlerweile sehr etabliert geworden waren. Das Programm rankte sich um das Prinzip der Meisterklasse, wobei es darum ging, weniger Meisterschaft als Meistertum zu vermitteln. Kunst sollte gelehrt werden, indem man sich um beispielhafte Personen, die diese Kunst verkörperten, versammelte.

Die Kunstakademie Karlsruhe ist eine Tochtergründung von Düsseldorf. 1854 wurde sie ins Leben gerufen von Friedrich I. von Baden, damals Prinzregent, später Großherzog des Landes. Gründungsdirektor und Ideengeber war Wilhelm Schirmer, Düsseldorfer Professor für Landschaftsmalerei, denn die Landschaft hatte in der Zwischenzeit die christlichen Themen als Ort und Hort der künstlerischen Sinngebung ersetzt. Bald entwickelte sich die Großherzogliche Kunstschule, wie sie benannt war, zu einer attraktiven Ausbildungsstätte, die vielerlei Interessierte (nur Männer!) als Lehrer und Schüler beheimatete. Namen wie Karl Theodor Lessing, der vor allem Geschichten aus der Geschichte illustrierte und also Historienmaler war, Hans Thoma als Vertreter des Jugendstils oder Karl Hofer, der später im Berlin der 1920er Karriere machte, stehen dafür.

Die Kunstschule überstand den Ersten Weltkrieg besser als das Großherzogtum. In der Weimarer Republik, die dem untergegangenen Kaiserreich folgte und auf ein demokratisches Kunstverständnis setzte, ließ das Haus nun endlich auch Frauen zu. 1920 war es zusammengeschlossen worden mit der Kunstgewerbeschule, so dass die traditionellen Trennungen in hier autonome, dort angewandte Künste ins Wanken gerieten. In den 1920er Jahren war die nun Badische Landeskunstschule genannte Institution, sicherlich nicht zuletzt wegen dieser neuen Fluidität, eine der wichtigsten Kunstakademien Deutschlands. Namen wie Karl Hubbuch, Georg Scholz oder Wilhelm Schnarrenberger stehen für die Konjunktur des hier gepflegten, streng der Wirklichkeit verpflichteten Verständnisses. Man bringt diese Kunst auf den Begriff Neue Sachlichkeit, nach dem Titel einer Ausstellung, die 1925 in der Kunsthalle Mannheim stattfand und einige Karlsruher Positionen vertrat. Nach 1933 sollte dann kein Stein auf dem anderen bleiben, hier wie überall in Deutschland wurde gleichgeschaltet und auf Nazi-Kurs getrimmt, wer sich nicht ins Ausland davon gemacht hatte. Der Krieg tat sein Übriges.

Nach den Mühen des Wiederaufbaus fand sich die Staatliche Akademie der bildenden Künste Karlsruhe dann im Jahr 1961 auf den Begriff gebracht, den sie heute noch trägt. Am Haus wurde, womöglich mit einer kleinen Verspätung, mitgemacht, was die Nachkriegskunst prägte, die Weltsprache Abstraktion vor allem, mit der einher ging, all das zu rehabilitieren, was im Nationalsozialismus als entartet verfemt worden war. So gab etwa Erich Heckel, Veteran des deutschen Expressionismus vor dem Ersten Weltkrieg, in seinen späten Jahren hier Unterricht.

Auf Augenhöhe mit jenem Zeitgeist, der den 1970er/1980ern einen Schlüsselbegriff gab, kam das Haus dann mit Namen wie Georg Baselitz, Per Kirkeby oder Markus Lüpertz. Als Vertreter einer Position, die Malerei und nichts als Malerei anstrebte, verliehen sie dem New Spirit in Painting ein Antlitz und der Kunstakademie Karlsruhe nicht weniger als internationale Geltung. Dieser Geltung ist das Haus bis in die Gegenwart verpflichtet. Immer wieder ergänzt, erweitert, erneuert sich das Kollegium, bei dem mittlerweile ein Geschlechterverhältnis von 50:50 erreicht ist, mit Namen von internationaler Reputation. Das Band zur Kunstakademie Düsseldorf sieht sich auf seine Weise weiterhin geknüpft: im Ruf als eine der bedeutendsten Ausbildungsstätten für Kunst. 

Prof. Dr. Rainer Metzger