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Prof. Dr. Anselm Franke: Verblendet beim Erinnern der Gegenwart? Frag Franz.

Anselm Franke und Eran Schaerf. Foto: Alexander Theis

Eines Tages taucht Andreas – wie Romanfiguren es so tun – in meinem Leben auf und erzählt mir vom Unterschied zwischen erinnern und gedenken. Beim Besuch einer Gedenkstätte müsse er einsehen, dass er keine Erinnerungen aus dem ehemaligen Konzentrationslager mitnehmen kann. Die Zeit sei vorbei, aber er könne auch ohne eigene Erinnerungen der Geschichte gedenken. Er scheint aus einer Zeit zu kommen, in der Erinnerung als nationalpolitische Währung noch nicht im Handel ist. Ich denke, Andreas muss Franz kennen, der über den Völkermord an den Armeniern geschrieben hat. Franz kommt aus einer anderen Zeit, das weiß ich, also borge ich mir bei Suchan eines ihrer Uhrwerke aus, um die Multichronologie meiner Geschichte zu proben.

Eran Schaerf ist Künstler und Autor und lebt in Berlin. Zu seinen jüngsten Projekten gehören Citizens of Nowhere, imitate! transversal.at (2020); Revoicing, in: Archives on Show. Revoicing, Shapeshifting, Displacing: A Curatorial Glossary, hg. von Beatrice von Bismarck (2022); Kahanoff’s Levantinism: The Anachronic Possibilities of a Concept, bakonline.org (mit Eva Meyer, 2022); Levantine Line Library, institut de carton Brussels (2022); Only Six CAn Play This Game (mit Eva Meyer, 2022); Ein jüdischer Garten, (Hg. mit Hila Peleg und Itamar Gov), 2022.

Anselm Franke verantwortet die Riemschneider-Kuratorenreihe 2023. Er leitet seit Ende vergangenen Jahres an der Züricher Hochschule der Kunst in der Abteilung Kulturanalyse und Vermittlung den Master-Studiengang Curatorial Studies. Der Kunstwissenschaftler stand bis dahin der Abteilung Bildende Kunst und Film am Haus der Kulturen der Welt in Berlin vor. Was können wir heute von der Welt mit und durch Kunst wissen? Und wo steht die Kunst der Erkenntnis der Gegenwart vielleicht eher im Weg? - Diese Fragen stellte Anselm Franke zum Auftakt seiner Karlsruher Reihe, die von der Riemschneider-Stiftung finanziert wird. Sie knüpft an seine forschungsbasierten Ausstellungen, vorwiegend am Berliner Haus der Kulturen der Welt, an. Darin entwickelte der Kurator modellhafte Entwürfe zu einer radikalen Revision moderner musealer Geschichtsbilder. Anselm Franke nimmt seine Überlegungen zur Thematik seiner Reimschneider-Reihe, die er bei seinem ersten Besuch im Januar vorgestellt hat, auf und führt in die Lecture Performance von Eran Schaerf ein.

Einen regelmäßigen Austausch zwischen Studierenden, Künstlern und Kuratoren anzuregen und noch stärker in der Lehre zu verankern, war die Idee des Projekts, das der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe dankenswerterweise seit 2012 durch die Riemschneider-Stiftung ermöglicht wird. Die Riemschneider-Stiftung, die von Ingrid Riemschneider, der 2010 verstorbenen Witwe des kunstinteressierten Karlsruher Radiologen Harm-Helmut Riemschneider, 2006 eingerichtet wurde, lässt ihre Erträge u.a. der Kunst und der Förderung Kunstschaffender auch im Bereich Bildender Kunst zukommen.

Donnerstag, 27. April 2023, 19:00 Uhr

Vortragssaal, Vordergebäude,  Reinhold-Frank-Str. 8, EG

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