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Date
2003/11/27
Location
Vortragssaal Reinhold-Frank-Str.81 / Vordergebäude

Sulla

Filmvortrag. Klaus Wyborny, Hamburg

Sulla ist das modernistische Portrait eines römischen Politikers, worin Pornographie, Macht und Begierde Hand in Hand gehen. Der Hamburger Filmemacher und Avantgardekünstler Klaus Wyborny spricht am Donnerstag, den 27.11.2003, um 18 Uhr im Vortragssaal der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe über seinen Film. Im Anschluß findet ein Gespräch zwischen dem Filmautor und Dr. Klaus Theweilt, Professor für Kunst und Theorie an der Karlsruher Kunstakademie, statt.

Der historische Sulla lebte vor 2.000 Jahren, Wybornys Film hat 2003 Premiere. Ein Männerfilm. Am Staats-Organ Sulla baumelt das Geschlechts-Organ. Wie nehmen die beiden Organe die Welt wahr? Verwirrt, verstört, erfüllt von „Wichs- oder sonst wie politischen Phantasien", sagt Klaus Wyborny. Sulla wichst, und Aemilius guckt ihm zu. Wie visualisiert man den Masturbationszwang des Mannes und gleichzeitig seinen Kraftakt, sich die Welt zu unterwerfen?

Lucius Cornelius Sulla war der erste Großarchitekt, der städtische Plätze und holprige Natur planierte und zubetonierte. Die sullanische Architektur ist so platt wie das heute noch beliebte Primat des Narrativen. Im Film. In Wybornys Sulla wird der Text „Bei den Pinien“ vorgetragen. Was dahinter verborgen wird, das sichtbar zu machen, ist das ureigene Geschäft des Avantgardefilmers. Die Bildstrukturen, die sich überlagern, reißen den Zement auf, unter dem die Natur begraben liegt. Und warum identifiziert sich Beton-Sulla mit Ameisen, Tannenzapfen und Pferdeäpfeln?“ (Dietrich Kuhlbrodt)

Wybornys Film bildet eine amour fou zwischen Hostorie und Gegenwart. Während der römische Konsul über Macht und Begierde sinniert, spricht Wyborny seine Gedanken selbst aus dem Off: wie einen unglaublichen Rap über männliche Sexualität und Besessenheit. Diese genaue Beobachtung eines Mächtigen, der zu gleichen Teilen als nachdenklicher Naturbeobachter und geiler Onanist gezeichnet wird, ist literarisch, aber auch pervers, manchmal komisch und manchmal auf erstaunliche Weise sinnlich. Intellektualität und Lust, Skepsis und Liebe scheinen bei Wyborny, so Hans Schifferle, ineinander zu fließen.

Sulla, 1990 – 2001, D/I., 121 min., 16mm, Farbe, Produktion, Regie, Buch, Kamera, Musik, Schnitt – Klaus Wyborny
Mit: Hanns Zischler, Corinna Belz, Gert Schaefer u.a.

Zur Peron

Klaus Wyborny, geb. 1945 bei Magdeburg, lebt seit 1953 in Hamburg

Studium der theoretischen Physik 1963-1970 an der Universität Hamburg und an der Yeshiva University New York.

Mitbegründer der Filmmacher Cooperative Hamburg 1968, der Literaturzeitschriften „BOA VISTA“ und „HENRY“ und der Hamburger Filmgespräche

Vorstandsmitglied im Hamburger Filmbüro 1987-1992

Teilnahme am Internationalen Forum des Jungen Films in Berlin (1975,1980,1981,1982,1986,1992, 1994) und zahlreichen anderen Festivals. Von den letzten Filmen liefen „DAS OFFENE UNIVERSUM", „VERLASSEN; VERLOREN; EINSAM, KALT", „AUS DEM ZEITALTER DES ÜBERMUTS“ und „SULLA“ auf den Festivals von Rotterdam, Rimini, Hof, Wien und Berlin.

Ausführliche Vita unter www.typee.de

Auszeichnungen

1974 Diplome de excellence Filmfestival Montreal für „DIE GEBURT DER NATION"
1974 „SIGHT AND SOUND“ London: „Die Geburt der Nation“ einer der zehn besten Filme des Jahres 1973 (mit Herzogs „Aguirre“ und Polanskis „Chinatown")
1979 „VILLAGE VOICE“ New York: „Unerreichbar Heimatlos“ bester Film des Jahres in der Rubrik „Independents"
1980 „FILM COMMENT“ New York: „Die Geburt der Nation“ neuntbester Film der siebziger Jahre in der Rubrik „Independents“ (im gleichen Listing tauchen Godards „Numero deux“ und Syberbergs „Mein Hitler“ auf)
1981 Preis der Deutschen Filmkritik für „DAS SZENISCHE OPFER"
1982 Georg Scuka Hörspielpreis für „DER WINDHUND"
1996 enthalten im Anti-100 years of cinema manifesto by Jonas Mekas

Filme in Museen und Sammlungen

Anthology Film Archive New York: „Dallas Texas / After the Goldrush", „Die Geburt der Nation", „Pictures of the Lost Word"
British Film Institute London: „Die Geburt der Nation“
Museum of Modern Art New York: Die Geburt der Nation", „Unerreichbar Heimatlos", „Sechs kleine Stücke auf Film“
Deutsches Filmmuseum Frankfurt: „Der Ort der Handlung“
Filmmuseum München: „Gnade und Dinge“
Archive du Film Experimental d'Avignon