STÖRFAKTOR#05

Radikale Inklusion: Raum geben – Raum nehmen
Die Journalistin und Autorin Hannah Wahl fordert dazu auf, neue Perspektiven einzunehmen
Ein radikaler Blick auf Inklusion ermöglicht es, neue Perspektiven einzunehmen und verlangt von uns, eigene Denkweisen zu hinterfragen. Es geht nicht darum, wie viel Inklusion wir (uns) leisten können, sondern darum, wie wir als Gesellschaft unserer menschenrechtlichen Pflicht nachkommen. Eine Beschleunigung und Durchsetzung konsequent inklusiver Prozesse in allen Lebensbereichen werden damit zur Pflicht. Damit verbunden ist ein systemkritischer Blick, der den Kapitalismus und Neoliberalismus als zentrale Barrieren ausmacht. Gibt es in diesem System Raum für Inklusion?
Radikale Inklusion bedeutet mehr als den Zugang zu bestehenden Räumen, also die gleichschlechte Teilhabe am System. Im Zentrum steht die Frage: Wie gestalten wir als Gesellschaft lebenswerte Räume für alle?
Es wird auf die Konsequenzen, die medizinisch-defizitorientierte Sichtweisen auf Behinderungen haben und u.a. auf das menschenrechtliche Modell eingegangen. Was bedeutet es für den Bereich der Inklusion, wenn Menschen mit Behinderungen als „Sozialthematik“, als Menschen mit „besonderen Bedürfnissen“ wahrgenommen werden? Inwiefern begründet sich darauf die Aussonderung in angebliche „Schutzräume“ und der Erhalt von Parallelwelten?
Raum wird nicht nur im Kontext von räumlicher Barrierefreiheit betrachtet: Ausgehend von menschenrechtlichen und ethischen Verpflichtungen, wird das Einnehmen von Raum als Machtausübung verstanden. Räume sind nie neutral. Was bedeutet „Gatekeeping“ in diesem Kontext? Radikale Inklusion erfordert das Hinterfragen von Machtstrukturen und Deutungshoheiten, sowie die Schaffung von Räumen, in denen sich Menschen mit und ohne Behinderungen auf Augenhöhe begegnen können und wollen.
Inklusion funktioniert nicht ohne Menschen ohne Behinderungen. Darum wird auch auf die Rolle von Verbündeten und Allyship eingegangen: Inwiefern ist Raum geben auch ein wichtiger solidarischer Akt?
Radikal-inklusive Reflexion bedeutet auch praktische Handlungen anzustoßen und Bedingungen für eine gerechte Gesellschaft für alle aktiv zu gestalten – eine Gesellschaft, in der nicht nur Raum eingenommen wird, sondern auch Raum gegeben wird.
Dienstag 8. Juli 2025 um 19:00 Uhr
Vortragssaal
Kunstakademie Karlsruhe
Reinhold-Frank-Straße 81
76133 Karlsruhe
Livestream
kunstakademie-karlsruhe.de/livestream
Hannah Wahl ist (Film-)Autorin, Journalistin und Historikerin in Wien. 2023 veröffentlichte sie die Streitschrift Radikale Inklusion. Ein Plädoyer für Gerechtigkeit im Leykam Verlag. Als Mitgründerin des Filmpreises Mabacher Award und dem Projekt Filmklusiv setzt sie sich für Inklusives Filmschaffen und Inklusion in der Filmbranche ein. Seit 2025 arbeitet sie für die Expertinnen-Datenbank Frauendomäne im Bereich Kommunikation, User Experience & Accessibility.