Dr. Burkhard Krüger: Jukeboxes & Coffins

Jukeboxes & Coffins
Susan Sontag, Metaphern und die Nachbarschaft beziehungsloser Dinge in der amerikanischen Fotografie des 20. Jahrhunderts
Fotografie und Wahrheit II:
Beitrag des Kunstwissenschaftlers Burkhard Krüger
»Ich liebe Fotografien« schwärmt Susan Sontag 1978 in einem Interview mit dem Rolling Stone Magazine. »Ich selbst fotografiere nicht, aber ich sehe mir Fotos an, ich liebe sie, ich bin fasziniert von ihnen … es ist eine alte und sehr intensive Leidenschaft.«
Von Susan Sontags »Liebe« für Fotografien ist in ihrer berühmten Essaysammlung On Photography, die 1977 erscheint, auf den ersten Blick wenig bis gar nichts zu merken. Vielmehr hat sich schnell – und auch nicht ganz unberechtigt – die Lesart durchgesetzt, ihr Buch hätte vielmehr den Titel Against Photography verdient. Zu kritisch, zu skeptisch liest sich ihre Haltung gegenüber dem Medium Fotografie, insbesondere gegenüber ihren US-amerikanischen Landsleuten und Zeitgenossen. Angesichts von Sontags intellektuellem Rundumschlag gegen eine zunehmend präsente »Bilderwelt«, die Parameter wie »Wirklichkeit« und »Erfahrung« zu Objekten der Vergangenheit macht, ist aus dem Blickfeld geraten, dass ihre Kritik an der Fotografie auffällige Parallelen zu ihrer Kritik an der ›Metapher‹ formuliert, prominent geworden in ihrem Buch Illness as Metaphor (1978). Anhand von fotografischen Positionen der ›American Photography‹ des 20. Jahrhunderts diskutiert der Vortrag, warum Sontags auch heute noch wichtige Kritik an der Fotografie, ihrer Wirkungsmacht und ihrem Mythos nicht ohne die Kritik an einer Sprachbildlichkeit auskommt.
Dienstag 29. Oktober 2024 / 19:00 Uhr
Vortragssaal
Kunstakademie Karlsruhe
Reinhold-Frank-Straße 81
76133 Karlsruhe
Livestream
kunstakademie-karlsruhe.de/livestream
Burkhard Krüger ist Kunstwissenschaftler und freier Autor. Er arbeitet als Assistenz der Institutsleitung am Institut für Kunstwissenschaft der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Zu seinen Forschungsschwerpunkten und -interessen gehören die US-amerikanische Fotografie des 20. Jahrhunderts, (digitale) Sub- und Popkulturen und die Methodengeschichte(n) von Kunstwissenschaft und Kunstgeschichte. 2022 ist sein Buch »Papierne Gespenster Amerikas«. Das US-amerikanische Fotobuch im Diskurs des 20. Jahrhunderts bei Susan Sontag und Henri Cartier-Bresson bei Wilhelm Fink erschienen. Seitdem arbeitet er an Forschungsprojekten zur Geschichte des Graffitis in Braunschweig (1990–2010), an einem Buch zum Videospiel und Internet-Phänomen Fortnite sowie an Ausstellungsprojekten. Im Schlossmuseum Wolfenbüttel war z.B. von April bis September 2024 die Ausstellung »Alles Kunst – KI schreibt Geschichte(n)« zu sehen, die zusammen mit Laijana Braun, Stella Gilfert und Studierenden der Kunst- und Medienwissenschaften der HBK erarbeitet wurde.